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\section{Ein abstrakter Blickpunkt auf Spiele}
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\begin{definition}
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Ein \vocab{Spiel} $G$ besteht aus einer Menge von Positionen
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und einer ausgezeichneten Startposition.
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Jeder Position $P$ des Spiels sind seine \vocab{linken Züge} und seine
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\vocab{rechten Züge} zugeordnet, die ebenfalls Positionen von $G$ sind.
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$2$ Spielerinnen sind abwechselnd an der Reihe und führen einen für sie legalen Zug aus
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und überführen damit das Spiel in eine neue Position.
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Mit der \vocab{Normalspielkonvention} sagen wir,
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dass eine Spielerin verloren hat, wenn sie keinen legalen Zug mehr hat.
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\end{definition}
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\begin{remark}
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Natürlich können wir aus jeder Position $P$ eines Spiels $G$ einfach ein (sehr ähnliches)
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Spiel $G'$ machen, indem $G'$ in $P$ startet und nur noch die Positionen von $G$ enthält,
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die man von $P'$ aus \enquote{erreichen} kann.
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Deswegen werden wir meistens auch Spiele und Positionen einfach gleich behandeln.
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Es sollte jedoch darauf Wert gelegt werden, dass die bloße Angabe von \gm{Prim} noch \emph{nicht}
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ein Spiel darstellt, weil wir keine Startposition haben.
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Eigentlich handelt es sich hier um eine Menge von Spielen, die über die jeweilige Startposition
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charakterisiert werden.
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Umgangssprachlich werden wir aber natürlich auch weiterhin sagen, dass \gm{Prim} ein Spiel ist.
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\end{remark}
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\begin{notation}
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Für eine Position $P$ schreiben wir $P = \set{ L_1, L_2, \dotsc \suchthat R_2, R_2, \dotsc } $,
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wenn die $L_i$ die Menge der linken Züge von $P$ und die $R_i$ die Menge der rechten
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Positionen von $P$ aufzählen.
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Oft schreiben wir auch $P = \set{ P^L \suchthat P^R } $ und meinen dann mit $P^L$ und $P^R$
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wahlweise alle entsprechenden Züge oder einen \enquote{generischen} Zug für die entsprechende
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Spielerin.
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\end{notation}
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\begin{remark}[Mengentheorie]
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Wir wollen hier nicht zu genau mit den Begriffen Menge und Klasse umgehen,
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weil diese meist nicht relevant für uns sind.
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Eigentlich könnte man erlauben, dass ein Spiel aus einer \emph{Klasse} von Positionen
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besteht, jede Position aber tatsächlich \emph{Mengen} an linken und rechten Positionen
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hat.
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Für die Notation $P = \set{ L_1, L_2, \dots \suchthat R_1, \dotsc } $ muss man natürlich
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i.A.~dann auch eine beliebige Indexmenge für die Aufzählen zulassen, weil die Menge
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der linken Züge natürlich keineswegs abzählbar sein muss.
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Auch das ist aber für uns erstmal irrelevant.
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\end{remark}
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\begin{example}
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Wir haben bereits \gm{Hackenbush}-Positionen gesehen, die wir mit natürlichen Zahlen
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benannt haben.
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Wir stellen fest, dass
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\begin{gather*}
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0 = \set{ \suchthat }, \quad
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1 = \set{ 0 \suchthat }, \quad
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2 = \set{ 0, 1 \suchthat }, \quad
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n = \set{ 0, 1, \dotsc, n-1 \suchthat }
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\\
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\frac{1}{2} = \set{ 0 \suchthat 1 }, \quad
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\frac{1}{2^n} = \set{ 0 \suchthat \frac{1}{2^{n-1}} }
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\end{gather*}
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etc.
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Wir haben noch nicht definiert, wie Spiele \emph{geordnet} sind,
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aber anhand der suggestiven Benennungen können wir schon vermuten,
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wie die bisher bekannten Spiele sich verhalten.
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\end{example}
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\begin{remark}
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In den bisherigen Positionen beobachtet man noch Folgendes:
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\begin{itemize}
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\item Alle Positionen für die linke Spielerin sind stets strikt kleiner als die der rechten
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\item Der Name einer neuen Position ist immer zwischen den Werten der Positionen links und rechts
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\end{itemize}
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Wie wir bald sehen werden, muss dem im Allgemeinen überhaupt nicht so sein.
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Spiele, die sich so verhalten, sind allerdings besonders, wir werden später nochmal auf sie
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zurückkommen.
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\end{remark}
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\begin{example}
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Betrachten wir \gm{Dim} und bezeichnen die Spielzustände mit Zahlen $\Dim{n}$.
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Dann ist z.B.
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$\Dim{0} = \set{ \suchthat } $,
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$\Dim 1 = \set{\suchthat } $,
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$\Dim 2 = \set{ \Dim 1 \suchthat \Dim 1 } $,
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$\Dim 3 = \set{ \Dim 2 \suchthat \Dim 2 } $,
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$\Dim 4 = \set{ \Dim 2, \Dim 3 \suchthat \Dim 2, \Dim 3 } $,
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$\Dim 5 = \set{ \Dim 4 \suchthat \Dim 4 } $,
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\end{example}
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Weil die Notation offensichtlich Redundanz enthält, stellen wir Folgendes fest:
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\begin{definition}
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Ein Spiel $G$ heißt \vocab{neutral},
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wenn in jeder Position beide Spieler (sofern sie am Zug sind)
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die gleichen legalen Züge haben.
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Mit anderen Worten: Für jede Position $P = \set{ L \suchthat R } $ von $G$ ist $L = R$.
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\end{definition}
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\begin{question}
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Welche der bisher angetroffenen Spiele sind neutral?
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\end{question}
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\begin{notation}
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Ist $G$ ein neutrales Spiel, so schreiben wir für Positionen $P$ von $G$ im Folgenden nur noch
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$P = \set{ Z_1, Z_2, \dotsc } $ und unterscheiden nicht zwischen $P^L$ und $P^R$.
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\end{notation}
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Wir wollen nun erste Schritte unternehmen, um Spiele ganz \emph{formal} zu klassifizieren:
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\begin{definition}
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Sei $G$ ein Spiel. Dann sagen wir, dass
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\begin{enumerate}[p]
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\item $G$ \vocab{positiv} ist, wenn die linke Spielerin eine Gewinnstrategie hat.
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Wir schreiben hierbei $G>0$.
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\item $G$ \vocab{negativ} ist, wenn die rechte Spielerin eine Gewinnstrategie hat.
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Wir schreiben $G<0$.
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\item $G$ \vocab{Null} ist, wenn es eine Gewinnstrategie für die zweite Spielerin gibt.
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Wir schreiben $G=0$.
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\item $G$ \vocab{fuzzy} ist, wenn es eine Gewinnstrategie für die erste Spielerin gibt.
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Wir schreiben $G \fuzzy 0$.
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\end{enumerate}
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\end{definition}
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\begin{notation}
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Schreibe $G \geq 0$ für $G = 0$ oder $G > 0$, analog $G \leq 0$.
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Ebenfalls führen wir $G \lfuzzy 0$ für $G < 0$ oder $G \fuzzy 0$ ein,
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analog $G \gfuzzy 0$.
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\end{notation}
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Relevant ist nun Folgendes:
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\begin{theorem}
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Für jedes Spiel $G$ gilt genau eines von $G>0$, $G<0$, $G = 0$ und $G \fuzzy 0$.
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\end{theorem}
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\begin{proof}
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Klarerweise können nicht zwei der vier Fälle gleichzeitig eintreten.
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Wir gehen induktiv vor, sei $G$ also ein Spiel,
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sodass wir die Aussage für alle linken und rechten Position von $G$ bereits kennen.
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Sei also $G$ beliebig und nimm zunächst an, dass $G^L \geq 0$ für ein $G^L$.
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Nimm zunächst an, die linke Spielerin ist am Zug.
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Gibt es ein $G^L$ mit $G^L \geq 0$, so kann $L$ gewinnen, indem es diese Position wählt.
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Ist $G^L \lfuzzy 0$ für jedes $G^L$, so gewinnt $R$, indem er danach die Gewinnstrategie
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in der von links gewählten Position verfolgt.
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Analoges gilt für eine Fallunterscheidung nach $G^R \leq 0$,
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wenn die rechte Spielerin beginnt.
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Damit ergibt sich zusammen folgende Tabelle:
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\begin{center}
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\begin{tabular}{c | c | c}
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& $\exists G^L \geq 0$ & $\forall G^L \geq 0$
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\\
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\hline
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$\exists G^R \leq 0$ & $G \fuzzy 0$ & $G < 0$
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\\
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\hline
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$\forall G^R \gfuzzy 0$ & $G > 0$ & $ G = 0$
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\end{tabular}
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\end{center}
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Das zeigt insbesondere, dass $G$ in einem der vier Fälle liegt.
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\end{proof}
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\begin{talk}
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Hier etwas darüber sagen, dass wir hier mengentheoretisch etwas gehackt haben,
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dass das eigentlich formal transfinite Induktion ist, was wir hier brauchen,
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und dass man etwas vorsichtig sein muss, was das definieren von Spielen angeht,
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weil wir eigentlich darüber reden müssen, dass wir alle Spiele über ihre Geburtstage
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\enquote{generieren}, oder zumindest, wie wir gedenken, die Rekursion aus der Definition
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ein bisschen wegzubekommen.
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Spezifisch sollte über die folgenden Spiele geredet werden:
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\[
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\on \coloneqq \set{ \on \suchthat },
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\qquad
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\off \coloneqq \set{ \suchthat \off },
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\qquad
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\dud \coloneqq \on + \off = \set{ \dud \suchthat \dud }
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\]
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Hierbei steht \enquote{$\dud$} für \enquote{deathless universal draw}.
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\end{talk}
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\section{Addition von Spielen}
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\section{}
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